Zeit und Ewigkeit
Vom Zeitempfinden in der Pandemie
Es ist schon erstaunlich, was eine Pandemie alles auslösen kann: Fürsorge für sich und andere zu pflegen, wochenlangen Abstand zu Familienangehörigen zu halten, Quarantänephasen auf sich zu nehmen, Maske zu tragen, öffentliche Verkehrsmittel zu meiden, Einschränkungen im Umgang mit anderen Menschen hinzunehmen und vieles andere mehr.
Auf diese Art und Weise leidet auch das Zeitempfinden und zeigt sich voller Widersprüche, es reizt und regt zum Nachdenken über die augenblickliche Zeit an. Da fallen einem gleich viele Redensarten ein, die im Volksmund kursieren. Dem einen vergeht die Zeit wie im Fluge, beim anderen bleibt sie stehen, einem anderen läuft sie förmlich davon. Zeit kann langweilen, Zeit kann Wunden heilen und wieder aufreißen, Zeit kann stressig verlaufen. „Kommt Zeit, kommt Rat" ist eine Volksweisheit, die trösten und helfen soll, die aber auch die Zeit zum Maß aller Dinge macht.
Unsere Zeit ist angefüllt mit Distanz-Vorschriften, die seit über einem Jahr unser Leben bestimmen. Wir leben auf Distanz, in der Ungewissheit ohne zu wissen, wie es weitergehen wird. Diese Distanz hat eine Qualität, die wir uns nicht wünschen und die wir uns nicht selbst gewählt haben, wir bekamen sie von oben verordnet. Damit versuchen wir zurecht zu kommen, indem wir Nähe auch in der Distanz suchen. Wir können uns via Zoom, mit Telefon oder Skype miteinander austauschen. Damit wird eine Form von Verbundenheit und des Miteinander möglich, wenn auch nicht so, als wenn man leibhaftig miteinander wäre. Die Form der Kommunikation über Chat und Videokonferenzen ist unter Umständen hilfreich, bleibt aber immer eine Notlösung.
Eugen Roth hat in seinem Buch "Von Mensch zu Mensch" zahlreiche Situationen in Versform beschrieben und in einem Abriss von "Mensch und Zeit" den Lebenslauf eines Menschen aufgezeichnet. Da heißt es u.a...."Doch schau, schon steht dem Zeitverschwender der erste Schultag im Kalender! Der sanfte Fluss wird jäh zerbrochen zu Stunden, Tagen und zu Wochen. Es geht der Ernst des Lebens an die Kette klirrt: der Stundenplan! Das Kind, noch arglos von Natur, lernt bald zu rechnen nach der Uhr und freut sich an dem Tick-Tack-Tick. Und doch ist das der Augenblick, wo es verfällt der schnöden Welt und ihrer Lüge, Zeit und Geld..."
Der Druck auf einen Menschen durch die Vorstellung, dass Zeit gleich Geld sei, verwirrt die Gefühlswelt der Menschen immer mehr und verbreitert die Distanz nicht nur zwischen liebenden Menschen ins Unermessliche, weil das Denken so stark in den Kommerz abrutschen kann, dass menschliche Gefühle immer mehr zu erkalten drohen.
Seitdem die Uhr den Tagesablauf des Menschen bestimmt und nicht mehr die Jahreszeiten den Rhythmus des Lebens festlegen, gerät der Mensch immer mehr in die Enge und unter Zeitdruck. Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter waren die Grundlage für einen harmonischen Jahresablauf. Man konnte mit der Zeit gehen, zwar meist in kleinen Schritten, aber verlässlich. Man lebte nach dem Kalender, einfach der Jahreszeit entsprechend.
Heute verrät der Blick auf die Uhr, dass mir keine Zeit bleibt, dass ich mich sputen muss, um diesen oder Jenen Termin, der im Kalender steht, abzuarbeiten und einzuhalten. Das Ergebnis ist ein zeitgehetzter Mensch. Da bleibt so manches auf der Strecke. Vor allem im persönlichen Umgang mit Partnern in Ehe und Betrieb, aber auch im Umgang mit den Kindern, den Großeltern und Verwandten. Wenn man aus Zeitmangel nicht richtig zuhören kann, kommt es zu Missverständnissen zwischen den Generationen. Die oft so wichtige Kommunikation über anstehende Probleme und Fragen fällt unter den Tisch. Man verliert sich aus den Augen. Jetzt wäre Anteilnahme so wichtig, eine Aussprache könnte manches wieder ins rechte Licht rücken. Doch gerade jetzt fehlt die Zeit, die ich nicht bereit bin, mir zu nehmen. Sachzwänge bestimmen den Alltag. Wie hilfreich wäre es für die Tochter/Sohn, wenn ich als Elternteil meinem Kind gerade jetzt zuhören, seine Sorgen anhören und einmal ganz Ohr sein könnte für seine Anliegen. Warum fällt es so schwer, sich in der Hektik des Alltags aus seinem Zeitdruck und -konflikt wenigstens für eine Stunde zu lösen ? Damit könnten viel Stress, Anspannung und Ungereimtheiten vermieden werden.
Es ist eine wundervolle Geste, wenn sich ein Freund oder Bekannter Zeit für eine Begegnung und zur Kontaktpflege nimmt. In Pandemiezeiten ist diese Zuwendung fast eingeschlafen, nicht aus Unvermögen oder Unlust, sondern aus Vorsicht und Druck von außen. Daher sind solche Begegnungen ein zwischenmenschliches Geschenk, das nicht hoch genug eingeschätzt und bewertet werden kann.
Zeit und Ewigkeit liegen im täglichen Sprachgebrauch oft eng beieinander. Manchmal verleitet eine Situation ganz spontan zu dem Ausspruch: "Das dauert ja ewig!" ohne eine Ahnung vom Begriff der Ewigkeit zu haben. Das Märchen von der Ewigkeit erzählt vom "klugen Hirtenbuben" (Gebr. Grimm) folgendes: Auf die Frage des Königs, der wissen wollte, wieviel Sekunden die Ewigkeit habe, beschreibt der Bub einen ganz simplen Vorgang. Alle hundert Jahre fliegt ein kleines Vögelein zu dem Berg in Hinter- Pommern, der Demantberg heißt. Dort wetzt es sein Schnäbelchen. Wenn der Berg, der eine Stunde breit eine Stunde hoch und eine Stunde in die Tiefe geht, abgetragen sei, dann sei die erste Sekunde der Ewigkeit vergangen. So viel Klugheit aus dem Mund eines Hirtenknaben macht sprachlos und vermittelt eine neue Dimension der Erkenntnis bezüglich der Ewigkeit.
Für eine präzise Zeitangabe wurde die Funkuhr konstruiert und entwickelt, die bis in den letzten Winkel unseres Landes die genau ermittelte Zeit ständig weitergibt. Als sich der Mensch von Sonnenaufgang bis zum -untergang nach dem Himmelskörper richtete oder Sand- bzw. Wasseruhren die Zeit bemessen haben, verliefen die Arbeitsabläufe noch ohne Zeitdruck. Eine Sonnenuhr zählt bekanntlich die heiteren Stunden nur und ist daher unbrauchbar für eine präzise Zeitmessung.
„Gott hat uns die Zeit gegeben, von Eile hat er nichts gesagt", beschreibt eine afrikanische Volksweisheit, welche die Herkunft der Zeit als Gottesgeschenk an die Menschen ausweist, um sie auf den rechten Pfad zu bringen und zu Geduld und Gelassenheit anzuhalten.
Die Uhr darf auf keinen Fall zum Richtmaß unserer eigenen Zeit werden, damit wir nicht eines Tages feststellen müssen, wieviel Zeit wir vertan haben, um das Richtige zu tun. In diesem Sinne ermahnt uns ein Spruch aus dem Buch Kohelet: "Alles hat seine Zeit. Für jedes Geschehen unter dem Himmel gibt es eine bestimmte Zeit: Eine Zeit zum Gebären und eine Zeit zum Sterben, eine Zeit zum Pflanzen und eine Zeit zum Ernten...eine Zeit zum Weinen, eine Zeit für die Klage und eine Zeit für den Tanz (Koh 3, 1-4).
Die Zeit weilt nicht, sie hat ihren eigenen Takt, der unbestechlich ist, auch wenn man glaubt, in Pandemiezeiten bleibe sie manchmal stehen, täglich werden wir eines anderen belehrt.
Agnes Heinitz
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