Werte im Netz
Das zweite Modul des Digitalen Medientrainers
Aus dem privaten und beruflichen Alltag sind heute digitale Medien nicht mehr wegzudenken. Da im Zeitalter der Digitalisierung auch die Frage nach den Werten im Netz gestellt werden muss, beschäftigte sich das zweite Modul der Seminarreihe zum Digitalen Medientrainer mit diesem Thema: Wie stehen wir als Christinnen im Netz zu unseren Werten, welche Rolle spielen Soziale Netzwerke und wie können Falschmeldungen erkannt werden.
Die Umwälzung der technologischen Gesellschaftsstruktur durch Digitalisierung
Kirchenrat Prof. Dr. Thomas Zeilinger, Beauftragter für Ethik im Dialog mit Technologie und Naturwissenschaft, erklärte die Digitalisierung, die eine Umwälzung der technologischen Struktur der Gesellschaft bedeutet. Als Einstieg wurde die Methode „Medienmensch“ angewendet, ein Blatt mit dem Umriss eines Menschen verteilt, und die Teilnehmerinnen ordneten dem Herzen, dem Gehirn, der ausgestreckten Hand nach oben (positiv) und unten (negativ) sowie dem Bauch die Medien zu, die man jeweils damit verbindet.
Das Ergebnis zeigte, wie weit die Digitalisierung schon Teil unseres Lebens ist. Dieser Wandel vollzieht sich in der Kommunikation bei den Medien und in der Politik. In der Produktion und Distribution bieten die Daten die Grundlage zur Innovation und es entstehen neue Geschäftsmodelle soziotechnischer Systeme. Beispielhaft ist Amazon als größter Einzelhändler, der kein Produktspezialist ist und dennoch über keine eigene Lagerfläche verfügt. Selbst bei den Organisationen, wie Behörden, Wissenschaft und Kirche, hat die Digitalisierung bereits Einzug gehalten, wie z.B. die digitale Personalakte und das Speichern von Daten auf digitale Datenträger. Schließlich haben wir noch den Bereich Mensch und Maschine. Es gibt viele Tätigkeiten, besonders bei Heilberufen, wo Roboter Aufgaben übernehmen können und den Menschen dadurch entlasten. Aber wohin geht die Entwicklung?
Die große Rolle der Selbstverantwortung im Netz
Viele netzpolitische Herausforderungen stellen der Datenschutz, das Urheberrecht, Plattformökonomie und Überwachungskapitalismus (wie Google), staatliche Überwachung und Zensur dar, hinzukommen die medienethischen Herausforderungen wie die Ethik des Journalismus, Mediennutzungs- und Bildethik, Medien und Gewalt. Die Selbstverantwortung spielt bei all diesen Herausforderungen eine große Rolle. Man muss sich immer die Frage stellen, ob man sich am nächsten Tag nach einem Post oder Kommentar noch im Spiegel anschauen kann, ob man ihn in der Zeitung lesen möchte und ob man in Anbetracht eines solchen Posts vor seinen Chef treten kann.
In Anbetracht des Tempos und der Fülle der aktuellen neuen Informationen ist man gezwungen, zu filtern und zu sortieren. Eine Vernetzung ist wichtig, die Verantwortung der Nutzung allerdings liegt bei der Nutzerin, beim Nutzer.
Ältere ans Netz - aber wie?
Letztendlich tauchen in diesem Zusammenhang die Fragen auf „Wo sind die ‚Seniorinnen und Senioren‘?“ „Wie nehme ich sie mit?“ „Werden sie Bedenken im Umgang mit den neuen Medien haben oder naiv damit umgehen?“ Eine Aufgabe besteht in der Schaffung attraktiver Angebote, um sie neugierig zu machen und sie Spaß am Erkunden bekommen. Jede/r Einzelne muss also die Nutzung der digitalen Medien erlernen und sollte Medienkompetenz erlangen, um kritisch mit ihnen umgehen zu können.
Der Wandel von Medienlandschaft
Pfarrer Christoph Breit, in der Social Media Redaktion von Kirche digital tätig, zeigte die Möglichkeiten moderner Netzwerke im Kirchenbereich. Lässt sich der PC privat einfach ausschalten, ist eine Internet-Präsenz im dienstlichen Rahmen inzwischen unabdingbar.
Die Online-Nutzung ist seit 1997 immens gestiegen, ebenso die tägliche Nutzungsdauer. Dabei ist der Anteil der Jugend im Vergleich zu den Älteren selbstverständlich viel höher. Nimmt der Anteil der Älteren im Netz inzwischen kontinuierlich zu, ist auch festzustellen, dass ist die Nutzungsdauer bei Frauen und Männern prozentual inzwischen gleich ist. Den größten Anteil bilden die 30- bis 49-Jährigen.
Betrachtet man diese Zahlen, erklärt sich von selbst, dass sich die Öffentlichkeitsarbeit wandelt. Der Zeitungen- und Zeitschriftenkonsum als Printmedium sinkt, währenddessen deren Online-Nutzung sowie das Internet als Informationsquelle steigen. Redaktionsteams werden verkleinert und Pressemeldungen ersetzen die Recherche. Institutionen verlieren an Wichtigkeit und Personen gewinnen an Bedeutung. Das Schema Produzent einerseits und Konsument andererseits löst sich auf, der Konsument wird inzwischen auch zum Produzenten, dem Prosumer.
Wichtig ist und bleibt, die Menschen zu erreichen, die man erreichen will. Aber wie? Personen und Institutionen müssen selbst publizieren, Plattformen bedienen, im Internet erreichbar sein, auch in den Social Media Kanälen, denn hier kann ich meine Meinung äußern, Gedanken teilen und andere Meinungen kommentieren. Und natürlich wird dann auch meine Meinung geteilt, „geliked“ und kommentiert, also wahrgenommen und verbreitet. Es gehört zur Medienkompetenz, nur die eigenen Wertvorstellungen kundzutun und das mitzuteilen, was andere interessieren könnte, worauf ich aufmerksam machen möchte – wahllose Kommentare, hasserfüllte Kommentare und Beleidigungen sog. Trolls disqualifizieren!
Öffentlichkeitsarbeit als Leitungsaufgabe
Als Institution, Verein oder Gruppe muss am Anfang einer Kommunikation diese als Leitungsaufgabe angenommen werden, Zuständigkeit und Ressourcen sind zu klären, die Zielgruppe ist zu definieren. Mit der Planung müssen die geeigneten Medien ausgewählt und anhand der vorhandenen Inhalte geprüft werden, inwieweit diese jeweils geeignet sind.
An einem Beispiel beschrieb der Referent die Vorgehensweise: Beginn kann die eigene Internetadresse mit ansprechenden Bildern sein, die auch auf Instagram und auf Google Maps veröffentlicht werden können. Über Facebook wird eine Umfrage zum Glauben gestartet und schließlich per YouTube ein Livestream einer Landessynode veröffentlicht.
WhatsApp ist der größte Messenger-Dienst, im kirchlichen Bereich wird Threema empfohlen. Wachsende Dienste sind Twitter für die Aktualität, YouTube mit seinen Videos. Erwähnenswert ist Instagram durch die Verbreitung von Bildern und Spotify zur Auswahl gewünschter Musik, auch Kirchenmusik.
Social media - erst denken, dann klicken!
Von André Wolf, mimikama - Verein zur Aufklärung über Internetmissbrauch, erfuhren die Kursteilnehmer die Bedeutung von Social Media, die nichts mit „sozial“ - gemeinnützig oder hilfsbereit - zu tun haben. Sie unterstützen lediglich die Kommunikation und den interaktiven Austausch der Nutzer über digitale Kanäle. Es muss im Bewusstsein sein, dass mit der Nutzung alle ein digitales „Ich“ bekommen, geschützt durch ein starkes Passwort, und auf Urheberrecht, Privatsphäre, Persönlichkeits- und Nutzungsrecht sowie Cyber Security zu achten ist.
Auch hier ist Medienkompetenz erforderlich: Wichtig ist, den eigenen Standpunkt zu kennen und die eigene Wahrnehmung zu schulen, um Falschmeldungen (Fake News/Lügen) zu erkennen, denn sie klingen besonders glaubhaft, wenn sie „erzählt“ werden. Falschmeldungen sind schlecht zu erkennen. Sie werden weitergeleitet und verändert, auch durch die Wortwahl. Eine Überprüfung inhaltlicher Fakten, der Bilder und des Impressums hilft dabei.
Wichtig ist weiterhin die Sensibilisierung hinsichtlich der elektronischen Kettenbriefe, erkennbar durch die Aufforderung zur schnellen Weiterleitung, damit nichts passiert.
Bei Fake News handelt es sich um pseudoredaktionell erstellte Inhalte ohne Wahrheitsgehalt, die aber Verlangen oder Angst ansprechen. Framing erzeugt „mindsetting“, das manipulativ sein kann, denn die Wahrnehmung wird auf bestimmte Realitäten beeinflusst.
Bei Facebook ist Vorsicht bei gesponserten Artikeln geboten. Das ist kein Prädikat für Qualität. Geködert wird mit Glücks- oder Gewinnspielen. Nicht nur deshalb lautet der Kernsatz bei Nutzung der Social Media „Erst denken, dann klicken“.
Lilo Wendler, EAM-Vorstandsmitglied
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