Ohne Haushalt ist kein Staat zu machen
So lautete der Titel des Vortrages von Prof.in em. Dr. Uta Meier-Gräwe in der Kulturfabrik Roth.
Mit dieser Referentin hatten die Veranstalterinnen eine wirklich hochkarätige Fachfrau zu Fragen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie vor dem Hintergrund gesellschaftspolitischer ökonomischer Entwicklungen eingeladen. Frau Meier-Gräwe hatte die Leitung des Lehrstuhls für Wirtschaftslehre des Privathaushalts und Familienwissenschaft an der Justus-Liebig-Universität Gießen (1994-2018) inne, war Leiterin des Kompetenzzentrums „Professionalisierung und Qualitätssicherung haushaltsnaher Dienstleistungen“ (2013-2018), Mitglied der Agenda-Gruppe des Kompetenzzentrums „Familienbezogene Leistungen“ bei Familienministerin Dr. Ursula von der Leyen (2006-2009), Mitglied der Familienpolitischen Kommission der Heinrich-Böll-Stiftung (2015-2017), externe Expertin der Gemeinschaftsinitiative EQUAL bei der Europäischen Union, Mitglied der Sachverständigenkommission zur Erstellung des Siebten Familienberichts der Bundesregierung (2004-2006) sowie des Ersten und Zweiten Gleichstellungsberichts der Bundesregierung (2011-2017). Auch über verschiedene Auszeichnungen für ihre Arbeite konnte sich Frau Meier-Gräwe in den letzten Jahren freuen.
Die Auflistung der früheren Tätigkeiten belegt eine der Kernaussagen des Abends. „Wir haben kein Erkenntnisproblem über Zusammenhänge und gute Lösungswege, sondern ein Umsetzungsproblem: die notwendigen Studien liegen alle vor, schon lange und es ändert sich nichts“, so die Referentin. Beispiele gab es an diesem Abend zuhauf. Zu Beginn der Bildungs- und Beschäftigungsphase haben 7 Prozent mehr Frauen als Männer ein Abitur oder einen Fachhochschulabschluss. Trotzdem verdienen Frauen – bezogen auf ihr Lebenserwerbseinkommen - in der Summe 45 Prozent weniger als Männer, Mütter sogar 62 Prozent weniger. Mutter zu werden wirkt sich also besonders nachteilig auf das Lebenserwerbseinkommen aus, während die Vaterschaft keinerlei Folgen für das Lebenserwerbseinkommen hat, ja im Gegenteil. Sehr oft steigern frischgebackene Väter ihre Erwerbstätigkeit „zum Wohle des Familieneinkommens“. Der Blick in andere Länder zeigt, dass es auch anders geht und Frauen dann nicht derart große finanzielle Einbußen in Kauf nehmen müssen. Vor allem in den nordischen Ländern in Europa kehrt die junge Mutter bald wieder an ihren Arbeitsplatz zurück und der junge Vater unterstützt die Haus- und Sorgearbeit mit dem Kind, indem er beruflich vorübergehend etwas kürzertritt.
In ihrem Vortrag stellte Frau Meier-Gräwe bezahlte und unbezahlte Arbeit gegenüber. Frauen arbeiten im Durchschnitt 17,22 Stunden in bezahlten Tätigkeiten, Männer 37,17 Stunden pro Woche. Umgekehrt arbeiten Frauen unbezahlt 39,5 Stunden, Männer 22,09 Stunden pro Woche.
Frauen arbeiten mehr Teilzeit oder gar in Minijobs als Männer – eine bekannte Tatsache.
Die Referentin nannte eine weitere erschreckende Zahl: Wenn eine 35-jährige Frau bis zum Renteneintritt einen 450,00 Euro-Job hat, erwirbt sie einen Rentenanspruch von 142,00 Euro. Wo bleibt die Geschlechtergerechtigkeit, fragt die Referentin.
Frau Meier-Gräwe forderte, dass die SAHGE-Berufe (SA für soziale Arbeit, H für Hauswirtschaft, G für Gesundheit und E für Erziehung) den MINT-Berufen gleichwertig gegenüberstehen müssen. Als Begründung führte sie unter anderem den stetigen Bedarf an hauswirtschaftlichen Dienstleistungen (HDL), in Deutschland übrigens mit einer der größten Schwarzarbeitsbereiche an. Auch hier gibt es in anderen Ländern gute Beispiele, wie sich Schwarzarbeit austrocknen lässt. Gutscheinmodelle ermöglichen einen höheren Stundenlohn und erhöhen die Professionalität.
Den Zuhörerinnen und wenige Zuhörern des Abends wurde anhand vieler weiterer Beispiele die eigentlich unzumutbare Situation vieler Frauen im Berufsleben oder in den Privathaushalten
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