Noch sind viele dicke Bretter zu bohren!
Der März wird gerne als der Frauenmonat bezeichnet. Und es stimmt. In diesem Monat "feiern" wir viele Tage, die mit Frauen zu tun haben.
Das beginnt mit dem Equal Care Day am 1. März, darauf folgt der Weltgebetstag am 1. Freitag im März, wo wirklich weltweit Frauen der verschiedensten christlichen Glaubensrichtungen ihre Anliegen vor Gott bringen und damit Unterstützung und Solidarität erfahren. Dann der Equal Pay Day, dessen Datum bisher zwischen dem 7. und 17. März variiert, der Internationale Frauentag am 8. März, und dann zum Schluss den Welttag der Hauswirtschaft am 21. März, der leider auch vor allem Frauen betrifft. Der Hausmann ist noch immer in der Minderzahl. Erfreulich war am 6. März 2023, dass sich relativ viele Männer zu unserer Online-Veranstaltung zur Führung eines elektronischen Haushaltsbuchs eingeschaltet hatten. War dies dem technischen Interesse geschuldet oder sehen die Männer hier die Kontroll-Funktion des Haushaltsbuchs? Aber nehmen wir an, dass sie unterstützend tätig sein wollen, damit das Auskommen mit dem Einkommen gelingt.
Inzwischen gibt es aber hoffnungsvolle Zeichen, dass sich langsam die Lage für Frauen und damit für die Gleichberechtigung bessert. Da ist das Urteil des Bundesarbeitsgerichts wegweisend. Darin wird einer Frau der gleiche Lohn zugesprochen wie ihrem Kollegen, und die Behauptung wurde nicht gelten gelassen, dass der Mann eben besser verhandelt hätte. Transparenz bei den Gehältern, damit Frauen ihre Rechte auch beziffern können, ist bitter notwendig. Firmen dürfen sich nicht mehr damit herausreden können, dass Frauen wegen Kindererziehung oder wegen schlechteren Verhandlungsgeschicks nur einen geringeren Lohn erhalten. Dieses Urteil wird sicher weite Kreise ziehen. Vielleicht können wir dann in absehbarer Zeit den Equal Pay Day am 1. Januar eines Jahres feiern. Das wäre ein großer Erfolg unserer jahrelangen Bemühungen um die Gleichstellung von Männern und Frauen. Wir sehen, auch Frauen müssen in großen Zeiträumen denken, nicht nur die Kirchen.
Heute habe ich in der Zeitung gelesen, dass unsere Außenpolitik eine feministische Note bekommen soll, ebenso wie die Entwicklungshilfepolitik. Andere Ministerien sollen folgen. So ist es im Koalitionsvertrag festgelegt. Das ist ein großer Meilenstein für die Gleichberechtigung, die wir nicht nur bei uns in Deutschland fordern, sondern auch in den Ländern, mit denen wir Handel treiben und Verträge abschließen. Gleichberechtigung und Gleichstellung von Frauen und Männern ist immer noch keine Selbstverständlichkeit. Und wenn wir schon bei der Politik sind, dann wäre „Gender Budgeting“ in allen Politikbereichen eine wesentliche und sinnvolle Forderung. Denn nur, wenn bei der Haushaltsaufstellung berücksichtigt wird, wie sich die Ausgaben gerade in den Bereichen, die Frauen betreffen, auswirken, dann können wir der Gleichstellung näherkommen.
Aber ist es überheblich von uns „alten weißen“ Frauen, die Gleichberechtigung auch für die Frauen in der ganzen Welt zu fordern? Vielleicht sollten wir uns erst einmal darauf beschränken, sie hier in unserem eigenen Land durchzusetzen. Paritätisch besetzte Parlamente, paritätisch besetzte Aufsichtsräte in DAX -Unternehmen, paritätische private Haushaltsführung? Daran denken können wir, aber umsetzen?
Da müssen wir noch viele dicke Bretter bohren! Deshalb müssen wir den Akku-Bohrer endlich selbst in die Hand nehmen. Die Männer werden das nicht für uns tun. Denn gerade Armut im Alter ist weiblich, eine immer wieder gemachte Feststellung. Aber ohne Gleichberechtigung gerade in der privaten Lebensführung, wird sich das nicht ändern. Nur dann werden Frauen eine vergleichbare Rente erreichen können, die wirklich zum Leben reicht.
Und doch ist es richtig, unseren Blick zu weiten und die Lage der Frauen in der ganzen Welt in den Blick zu nehmen. So wie unsere Innenpolitik von „Gender Budgeting“ bestimmt werden muss, so soll auch die Außen- und Umweltpolitik sich den Themen zuwenden, die die Lage der Frauen und der Familien in den Ländern, mit denen wir Verträge abschließen, verbessert. Frauen sind nicht die besseren Menschen, aber sie haben einen anderen Blick auf die Probleme, die in ihren Ländern herrschen. Sie sorgen sich um die Familie, den sozialen Zusammenhalt und wollen, dass ihre Kinder bessere Chancen in der Welt haben. Und dazu brauchen sie Bildung. Aber nur wenn die Mütter und Frauen sich gegen die Männer in der Familie durchsetzen können, weil ihre Stimme genau so viel zählt, dann werden Mädchen und Jungen die gleichen Chancen haben, eine gute Bildung zu erreichen und somit Fortschritte für die Gemeinschaft erlangen können.
Hier sehen wir wieder, wie die Ziele der Nachhaltigkeit zusammengehören. Armut, Bildung, Gleichberechtigung können wir gar nicht isoliert betrachten. Das eine bedingt das andere. Zur Gleichberechtigung gehört ein gewisses Selbstbewusstsein. Ich muss mir meiner Stärken sicher sein, meine Meinung vor anderen vertreten können, denn nur dann werde ich akzeptiert und gehört.
Dazu gehört dann auch noch die Solidarität von anderen Frauen, die meine Anliegen mittragen. Frauen in meiner Nachbarschaft, aber auch Frauen weltweit. Daher brauchen die Frauen in Afghanistan und im Iran unsere Unterstützung. Einerseits von uns Frauen, aber andererseits auch von der Politik, die die Vergabe von Hilfsgeldern an solche Bedingungen knüpft, die die Lage der Frauen verbessert. Das ist nicht immer einfach, aber es ist gut, wenn erste Schritte in diese Richtung gemacht werden. Und hier dürfen auch nicht aus falscher Rücksichtnahme Kompromisse gemacht werden. Das wäre fatal, wenn den Ankündigungen keine Taten folgten.
Schon Abigail Adams, die Frau von John Adams und Mutter von John Quincy Adams, beide waren Präsidenten der USA, sagte Anfang des 19. Jahrhunderts: „Wir verfügen über zu viele hochtrabende Wörter und über zu wenig Taten, die ihnen entsprechen.“
Es grüßt Sie herzlich
Inge Gehlert
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