Gesamtgesellschaftliche Leistungsbilanz ohne blinden Fleck!
Forderung nach einem Privat-Haushaltsbezogenen Inlands-Produkt (PHIP)
Bei seinem Jubiläum in Hannover am 19.Oktober 2019 erinnert der Deutsche Evangelische Frauenbund (DEF) daran, dass es dem DEF seit 120 Jahren um gesellschaftspolitisches und kirchliches Engagement von, für und mit Frauen geht. Eine gerechte Teilhabe bei der Gestaltung der Gesellschaft ist durchgängig Anliegen des DEF.
VERLAUTBARUNG
Hannover, 20.10.2019
Hannover - Bei seinem Jubiläum in Hannover am 19.Oktober 2019 erinnert der Deutsche Evangelische Frauenbund (DEF) daran, dass es dem DEF seit 120 Jahren um gesellschaftspolitisches und kirchliches Engagement von, für und mit Frauen geht. Eine gerechte Teilhabe bei der Gestaltung der Gesellschaft ist durchgängig Anliegen des DEF. Schon die Gründerinnen des Deutschen Evangelischen Frauenbundes vertraten 1899 ein Gegenmodell zur vorherrschenden Geschlechterhierarchie. Sie gaben sich eine Organisationsstruktur, in der leitende Funktionen nur von Frauen wahrgenommen werden durften. So erklärte die Gründungsvorsitzende Gertrud Knutzen, der DEF habe nicht vor, ein Kindergarten zu werden, in dem die Männer die Kindergärtnerinnen und die Frauen die Kinder seien. Man wolle selbständig handeln.
Mit dieser Grundhaltung setzten DEF-Frauen vielfältige Gleichstellungsthemen auf die kirchliche und politische Agenda. Ihr Einsatz war maßgeblich mitentscheidend für das kirchliche Wahlrecht von Frauen. DEF-Frauen waren und sind in den Parlamenten aktiv und aus ihren Reihen kam die 1. Bundesministerin der Bundesrepublik Deutschland, Elisabeth Schwarzhaupt. Der entscheidende Schritt zur innerfamiliären Gleichberechtigung nach dem Wegfall des Stichentscheids 1957 wurde in Westdeutschland erst 1976 mit dem Ende der geschlechtsspezifischen Zuordnung von Arbeitsfeldern vollendet (Aufhebung der „Hausfrauen-Ehe“). Seit dieser Zeit ist Wahlfreiheit für Männer und Frauen in Bezug auf Familien- und Erwerbsarbeit rechtlich gegeben. Das bekräftigt die Gleichstellung von Frauen und Männern und daraus leitet sich eine Gleichwertigkeit von Familien-/ Hausarbeit und Erwerbsarbeit ab.
Im Gegensatz dazu ist im Bericht über den gesellschaftlichen Reichtum diese Gleichwertigkeit von marktvermittelten Leistungen (Brutto-Inlandsprodukt) und nicht marktvermittelten Gütern und Dienstleistungen im privaten Haushalt bisher nicht angekommen. Das ist ein blinder Fleck in der gesellschaftlichen Leistungsbilanz. Für die Sichtbarkeit der gerechten Teilhabe genügt nicht die rhetorische Wertschätzung der Hausarbeit – wir fordern Fakten und Zahlen!
Wohlstand und Prosperität einer Gesellschaft erschließen sich nicht nur über Kennziffern wie das Brutto-Inlands-Produkt (BIP), sondern es muss gleichberechtigt auch eine Kennziffer geben, die die unentgeltlich erbrachten Leistungen der privaten Haushalte sichtbar macht. Denn das BIP beruht tagtäglich und generativ auf Voraussetzungen, die es nicht selber geschaffen hat und garantieren kann. Es geht darum, die Lebensleistungen unabhängig von Geschlecht, Leistungsort und Bezahlung zu würdigen. Folglich erachtet es der DEF für notwendig bei der wirtschaftlichen Gesamtrechnung ein Privat-Haushaltsbezogenes Inlands-Produkt (PHIP) einzuführen und mit dem Brutto-Inlands-Produkt (BIP) regelmäßig gleichzeitig zu veröffentlichen. Es ist höchste Zeit, der Arbeit in Privathaushalten Wertschätzung und Würdigung zu geben und diese so sichtbar zu machen. Der DEF fordert die Politik auf, diese Kennziffer beispielsweise aus den Zeitverwendungsstudien zu berechnen oder durch geeignete Methoden zu erheben.
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