"Geh aus, mein Herz, und suche Freud!" - Der Jakobspilgerweg von Würzburg nach Rothenburg ob der Tauber
Johanna Stöckel zeichnet ein liebevolles Porträt des Jakobspilgerwegs zwischen Würzburg und Rothenburg ob der Tauber. Das 5 km lange Stück vom südlichen Stadtrand Uffenheims durch den Hochwald ist ihr täglicher Gang.
In der Marienkapelle in Würzburg könnte er beginnen mit Blick auf Adam und Eva am Hauptportal – der Pilgerweg. Am Main entlang führt er über Heidingsfeld durch Weinberge nach Sommerhausen. Das kleine Torturmtheater ist sehr interessant und mit seinem Programm weit über das Städtchen hinaus bekannt. Weiter Main aufwärts grüßt Ochsenfurt.
Die alte Mainbrücke überquerend führt der Weg hinein in die wunderschöne Altstadt. Vorsicht vor dem Pranger! Doch a Schöpple Frankenwein könnte eine Labsal sein. Die Klause Tückelhausen ist immer eine Besichtigung wert, bevor es hinaufgeht auf die Ebene des Ochsenfurter Gaus. Durch wunderbare Wiesen, Felder und lichte Wälder führt der Weg nach Aub. Kurz ein Blick hinein in die Stadtkirche zu einem Kunstwerk Riemenschneiders, einer Kreuzigungsgruppe. Auch ein Abstecher zur Kunigundenkapelle ist empfehlenswert. Hier beginnt der Kunigundenweg, der nach Bamberg führt.
Entlang des Flüsschens Gollach, das dem fruchtbaren Gollachgau den Namen gab, führt der Weg nach Uffenheim, gesäumt von saftigen Wiesen, Zuckerrüben-, Mais- und im Wind wogenden Getreidefeldern und vielen Windrädern. Es geht durch kleine Ortschaften, eine schöner gepflegt als die andere, bunte Blumengärten, leuchtende Fensterblumen und ihre Kirchen laden zur stillen Einkehr ein. Das kühlende Wasser einer Ottilienquelle in Pfahlenheim tut den evtl. vom vielen Schauen müden Augen gut (das Wasser soll bei Augenleiden wohltuend sein). Und schon bald leuchtet in der Abendsonne der hohe Turm der Stadtkirche, Johanneskirche, der Markgrafenstadt Uffenheim.
In der Spitalkirche etwas Kraft für den kommenden Tag geschöpft, geht es weiter auf schönen Wald- und Wiesenwegen, durch die ehemalige Rothenburger Landhege nach Rothenburg. Die Türme der Jakobskirche sind von weitem sichtbar! Dort erwartet ein weit ausschreitender Jakobus die Pilger. Schön, wenn dieses Ziel am Jakobustag dem 26. 07 erreicht werden kann.
Der Beginn dieser Tagesetappe nach Rothenburg ist "mein Pilgerweg". Südlich von Uffenheim trete ich in den Hochwald ein.
Empfangen werde ich vom zarten, leisen Rascheln der Blätter einer Pappelallee am südlichen Stadtrand. Es ist als ob ein kleiner Bach Wegbegleiter vor dem bunt blühenden Wiesengrund wäre. Margeriten, Hahnenklee, Glockenblumen wiegen sich im lauen Wind. Heckenrosen zieren einige Sträucher. In allen Nuancen von Grün zeigt sich der Laubwald. Maiglöckchen bedecken den Waldboden, Rehe und Hasen überqueren den staubigen Weg. Der Kuckuck ruft und eine Blindschleiche sonnt sich am Wegrand. Meisen, Amseln und andere Singvögel. singen ihre Morgen-, Mittags- und Abendlieder und ein Specht hämmert unentwegt an einem Baumstamm. So erlebe ich im Moment den Wiesen- und Waldweg.
Doch wie war es zu Beginn der Coronakrise? Mitte März? Die Natur erwachte eben vom Winterschlaf. Die Bäume hatten noch keine Blätter, nur ein kleiner Hauch von Grün ließ sie erahnen. Der Waldboden war von trockenem Laub bedeckt. Die Sonne hatte wenig Kraft. Es war noch kühl.- Das änderte sich bald.
Von Tag zu Tag wurde es wärmer, die Natur explodierte förmlich! Die Sonne zeigte ihre Macht. Und dann!!!
Bärlauch durchstieß die alten braunen Blätter, Buschwindröschen folgten alsbald. Von Tag zu Tag wurde der Waldboden grüner und dann legten sich die Blütensternchen des Bärlauchs und die Glöckchen der Buschwindröschen wie ein weißer Teppich über den Waldboden. Am Wegrand leuchteten die Veilchen und die Himmelschlüssel, die Kirschbäume, die Ahornbäume blühten und plötzlich waren alle Bäume belaubt. Das Schattenspiel am Weg begann. Goldgelb leuchtete der Löwenzahn in den Wiesen und schon bald zeigten sich die ersten „Pusteblumen“ und der Wind trieb die wunderbaren Samen durch die warme Luft.
Die Apfelbäume waren in zartes Rosa getaucht und verströmten ihren Duft.
Für zwei Stunden täglich tauchte ich in dieses Naturschauspiel ein unter dem Zeichen der Pilgermuschel und sang manchmal laut und manchmal leise – „Geh aus mein Herz und suche Freud …“, machte viele Fotos und schickte einige zum DEF, damit sich viele Frauen mit mir über Gottes wunderbare Schöpfung freuen können.
Johanna Stöckel
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