Gedanken zu Corona und Fleisch
Ging es Ihnen auch so? Die Bilder der Kastenhaltung von Schweinen, pro Tier sind 0,75 qm berechnet, mindert die Lust an Wurst und Fleisch sehr. Dazu die Bilder der Fließbandschlachtung in den riesigen Schlachtereien. Wir wissen auch, dass es Tiertransporte in Richtung Türkei, Nordafrika oder in den Libanon gibt. Pausen sind vorgeschrieben, damit sich die Tiere erholen können.
Bekannt ist allerdings, dass diese Erholungsorte oft nur auf dem Papier stehen oder dass Umwege beim Transport in Kauf genommen werden, damit eben der „Pausen-Stempel“ vorzeigbar ist. Die Transportdauer zieht sich über 10 bis 12 Tage, die Temperaturen werden durch die Tiere selbst aufgeheizt.
Vielleicht denken Sie jetzt – nun schmeißt sie zwei, ja drei Themenbereiche durcheinander. Die Wahrscheinlichkeit, ein Stück Fleisch eines „Kasten-Schweines“ selbst zu verzehren, ist groß. Fleisch von dem weit transportierten Rind wird vermutlich nicht auf unserem Teller landen. Das Problem ist nicht der Fleischverzehr, sondern wie mit den Tieren umgegangen wird, damit das Fleisch auch günstig auf dem Markt angeboten werden kann.
In einem Zeitungsartikel der Nürnberger Nachrichten „Grenzenloser Hunger“ hat am 1. August 2020 Nicole Netter einige Zahlen zusammengetragen. „Der durchschnittliche Deutsche verzehrt laut Agrarmarkt Informations-Gesellschaft 58,1 Kilogramm Fleisch pro Jahr, mal scheibchenweise als Wurst, mal duftend vom Grill, mal als Salamistange aus der Plastikverpackung. Fleisch, wann immer der Appetit drängt, es kostet ja kaum etwas.“
Dazu schreibt die Autorin weiter: „Musste der Durchschnittsverdiener in Deutschland 1970 noch 115 Minuten für ein Kilogramm Rinderbraten arbeiten, waren es 2019 noch 36 Minuten. Auch bei Schwein und Geflügel ging die Zahl auf rund ein Viertel zurück. Zwar sanken auch die Preise auf andere Lebensmittel, aber keine so stark wie bei Fleisch.“
Dieser vermehrte Fleischgenuss hat seinen Preis. War Deutschland früher ein Fleisch-Import-Land, ist es jetzt ein Fleisch-Export-Land, das wichtigste der Europäischen Union – ja, Fleisch ist ein Milliardengeschäft, aber unter Bedingungen wie Fließbandschlachtungen von Tieren, die zuvor von irgendwoher gekarrt worden sind, und unter Arbeitsbedingungen, die keine Person von uns selbst ertragen wollte.
Was können wir tun, damit wir uns dem Diktat des billigen Fleisches nicht beugen müssen, um sehr bewusste Verbraucherinnen und Verbraucher zu sein? Viele von uns tun es bereits – einkaufen auf den Wochenmärkten, bei Direktvermarkter in den kleinen Läden. Ab und zu kaufe ich auch bei Aldi ein und stelle immer wieder fest, dass dort die Zeichen der Zeit erkannt werden. Es kann Obst und Gemüse lose gekauft werden, auch regional. Für mich ist das ein Erfolg der bewussten Konsumenten. Drum heißt es am Ball bleiben. Einmal bei uns selbst, also nicht nachlassen beim Lesen der Informationen zu den Lebensmitteln; auch nachfragen, wenn keine Infos vorliegen oder diese zweideutig sind. Es heißt auch, einigermaßen fit zu sein bei den vielen Labels, die immer neu auf dem Markt kommen und eine Übersicht nicht unbedingt erleichtern. Mich ärgern auch so Bemerkungen wie von Minister Aiwanger, dass z. B. Bauarbeiter eben Fleisch essen müssen, um nicht vom Gerüst zu fallen. Politiker sollten inzwischen wissen, dass es viele Extremsportler gibt, die ganz bewusst auf Fleisch verzichten und trotzdem zu extremen Leistungen fähig sind. Die bewusste Zusammensetzung der Nahrung bringt‘s – und es geht eben auch ohne Fleisch.
Ach – Corona und Fleisch. Die Chinesen sehen die Tiere gerne lebendig, bevor sie diese frisch geschlachtet kaufen. Das Schuppentier Pangolin oder verschiedene Fledermausarten gelten als Delikatesse. Das diese Tiere das Coronavirus in sich tragen, war bekannt. Trotzdem wurden die Tiere in Käfigen übereinandergestapelt, infizierten sich über die Fäkalien der Tiere über ihnen. Ob es dort heute anders zugeht? Macht sich hier bei uns eine Verhaltensänderung hinsichtlich Fleischgenuss bemerkbar? Bleiben wir am Ball – reden wir drüber.
Hannelore Täufer
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