Die, der, das, mit oder ohne?

Den folgenden Zeitungsartikel, der am 16. April 2024  in den Nürnberger Nachrichten erschienen ist, hat Hannelore Täufer, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Haushaltsführungskräfte in Bayern (AEH) gelesen und kommentiert:

„Rom – Es gibt nun wirklich wichtigere Fragen auf der Welt. Aber unabhängig von den großen Zeitläufen und all den alltäglichen beschäftigt eine Frage die Frühstückstische schon seit Jahrzehnten: Nutella mit Butter oder ohne?

Der Riss geht durch Familien, durch Wohngemeinschaften und auch durchs Bundeskabinett. An diesem Samstag wird der zuckersüße Dickmacher – 81 Kalorien auf einen Löffel – 60 Jahre alt.

Wobei ‚Butter oder nicht?‘ eine typisch deutsche Frage ist. In Italien, dem Heimatland der Nuss-Nougat-Crème, legt man aufs Frühstück grundsätzlich weniger Wert und auf Butter auch. Dafür leistet man sich andere Extravaganzen. In Rom und anderswo gibt es Nutella auch als Pizza, mit Puderzucker obendrauf. In Frankreich wiederum, wie man vom Sommerurlaub weiß, gehören dick damit bestrichene Crêpes zu den beliebtesten süßen Sünden.

Das erste Glas Nutella lief am 20. April 1964 in einem kleinen Familienbetrieb namens Ferrero in Alba vom Band, einem Städtchen im Piemont. Im Norden Italiens hatte man schon im 19. Jahrhundert damit angefangen, bei der Herstellung von Süßwaren anstelle von Kakaopulver gemahlene Haselnüsse zu verwenden.

Das ergab braune Nougatcreme, beispielsweise in Form von Guanduiotti-Pralinen. Die Rohmasse gab es im Laden aber auch als Aufstrich zu kaufen. Der Sohn des Firmengründers, Michele Ferrero, kam dann auf die Idee, das Ganze in Gläser abzufüllen.

In den ersten Jahren hieß dies noch ‚Supercrema‘. Der Durchbruch kam aber erst mit der erzwungenen Umbenennung in den 1960ern, weil in Italien seither nichts mehr mit dem Prädikat Super verkauft werden darf. Nut – steht für Nuss, -ella ist eine der klassischen italienischen Endungen.

Heute ist Ferrero (auch ‚Mon chérie‘, ‚Ferrero Küsschen‘, ‚Kinder Schokolade‘) ein riesiger Betrieb mit einem Jahresumsatz von mehr als 17 Milliarden Euro, der seine Produkte in fast allen Ländern der Welt verkauft. Die Deutschen gehören seit jeher zu den treuesten Kunden. Aus DDR-Zeiten hält sich bis heute aber auch die Konkurrenz von Nudossi am Leben. Aus Nutella ist längst ein Synonym für Nuss-Nougat-Aufstrich aller Art geworden: je mehr Nuss (Nutella: 13 Prozent, andere bis 51 Prozent), desto teurer. Ferrero behauptet nach viel Kritik, nur noch Palmöl aus zertifiziert nachhaltiger Herstellung zu verwenden. Von Umweltschützern kommen aber weiterhin Vorwürfe – auch, weil in Italien ganze Landstriche durch Haselnuss-Monokulturen veröden. Ernährungsberater wiederum verweisen darauf, dass ein 400-Gramm-Glas 72 Stück Würfelzucker enthält. Gesund ist anders. Über die genaue Zusammensetzung schweigt sich der Konzern aus.

Aber wie heißt das eigentlich – die, der oder das Nutella? Erlaubt ist alles, sagt der Duden.“

Meine persönliche Anmerkungen:
Eine pfiffige Idee tritt einen Siegeszug an – und es entwickelt sich ein erfolgreiches Unternehmen daraus. Dieser Start für Ferrero war mir nicht bewusst. Der viele Zucker und das wenig nachhaltige Palmfett in allen Nougatcremes gingen immer wieder durch die Presse. Wie oben schon geschrieben – gesund ist anders. Das Gegenargument – aber es schmeckt! - ist eigentlich kein Argument, eher eine emotionale Geschmacksfeststellung.

Darum gibt es am Ende einen konkreten Alternativvorschlag. Erst vor kurzem habe ich einen Fernsehbeitrag gesehen, indem beschrieben wurde, dass Erdnüsse auf Grund der Klimaveränderungen hier in Deutschland angebaut werden können.

Mein Erdnussmus enthält 99,3 % geröstete Erdnüsse, der Rest 0,7 % ist Salz – kein Palmfett, kein Zucker. Wenn Sie das Rezept lesen, erledigt sich sicher auch für Sie die Frage, ob mit oder ohne Butter der Aufstrich auf das Brot kommt.