Des Erinnerns wert: Antonie Nopitsch (1901-1975) - Gründerin des Bayerischen Mütterdienstes
Vor 120 Jahren wurde Antonie Nopitsch in Traunstein in Oberbayern geboren. Sie wuchs in einer evangelischen Familie in einem mehrheitlich katholischen Umfeld auf, jedoch nicht ausgegrenzt oder isoliert von diesem. Schon als Jugendliche gründete sie mit einer katholischen Freundin eine Jugendgruppe, die im engen Kontakt zu dem evangelischen Theologen Georg Merz (1892-1959) stand und früh ökumenische Aspekte aufgriff.
Nach dem Abitur begann Antonie Nopitsch ein Studium der Nationalökonomie, das sie 1925 mit der Promotion abschloss. Es folgte ein längerer Aufenthalt in England, wo sie in Birmingham mit der Quäkerbewegung in Kontakt kam. Da Antonie Nopitsch in Nürnberg Mitglied der Ortsgruppe des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes (DEF) war, kannte sie vermutlich die 1912 erschienenen Studien über die Sozialpolitik der Quäker von Auguste Jorns, der Leiterin des Christlich-Sozialen Frauenseminars des DEF in Hannover.
Schon 1805 hieß es in einer Publikation über die Quäker: „Die Zeit wird kommen, wo ein weiser Gesetzgeber die Maßnahmen erforschen wird, durch die die Quäker ohne Beihilfe der Regierung das einzige Volk der Erde geworden sind, das frei ist von Armut, das keine Bettler und keinen Mangel unter seinen Angehörigen kennt, während die Nationen unter den Armenlasten stöhnen.“ Interessante Aspekte für eine Ökonomin. Wie wir wissen, hat es das Quäkervolk so nie gegeben, aber die Grundprinzipien - Verhütung von Pauperismus und Anleitung zur Selbsthilfe – erprobt im kleinen Rahmen, wurde in die Gesamtgesellschaft und in viele Aufgabenbereiche der Sozialpolitik hineingetragen. Dabei ging es um das Bemühen, den Unbemittelten, den Unterprivilegierten, den Kranken und Schwachen ein menschenwürdiges Dasein zu schaffen. Darin sah man eine notwendige Vorbedingung für Sittlichkeit und Religiosität. Früh gelang es in England durch den Einsatz der Quäker, Interesse und Verständnis für soziale Probleme zu wecken und den Grundsatz zu verbreiten, dass Reichtum und Fähigkeiten dem Menschen anvertraute Güter sind zu treuer Verwaltung und rechter Nutzung.
Zurück zu Dr. Antonie Nopitsch, die im März 1933 die Initiative zur Gründung des Bayerischen Mütterdienstes ergriff, nachdem sie ihren Arbeitsplatz in der Sozialen Frauenschule in Nürnberg verloren hatte. (s. def-akuell 4, 2020, S. 4) So schuf sie für Bayern ein evangelisches Frauenwerk, das sich der gemeindlichen Frauenarbeit, der Frauen- und Familienbildung und der Müttergenesung annahm. Bereits als Dozentin, die Fürsorgerinnen ausbildete, hatte sie Einblicke in die oft bedrückenden Verhältnisse der durch Kriegs- und Nachkriegszeit belasteten Lage der Frauen – auch der eigenen Mutter – gewonnen. Nun war sie frei, sich hier einzubringen und für Besserung ihrer Lage durch Erholungsangebote zu sorgen.
Mit der zeitnahen Gründung des Laetare Verlags für theologische und pädagogische Literatur untermauerte Antonie Nopitsch diese Ansätze und entfernte sich auch in der Wortwahl mehr und mehr von der durch die Nationalsozialisten propagierten Mütterideologie. Sie fand eine eigene Sicht und Sprache für ihre Mütterarbeit auf christlichem Fundament.
Ab 1935 war Antonie Nopitsch als bayerische Vertreterin in der evangelischen Frauenarbeit in Deutschland tätig. Auch stand sie in engem Kontakt zur Arbeitsgemeinschaft der diakonischen und missionarischen Werke von Friedrich v. Bodelschwingh, dessen Frau eine Schwester der Diakonisse Hermine v. Ledebur in Neuendettelsau war, wo Bodelschwingh oft zu Besprechungen und Vorträgen – und gewiss bei der Gelegenheit auch zum Besuch bei der Schwägerin - weilte.
Besonders segensreich entwickelte sich die Arbeit bei der Organisation der Müttergenesungsheime. Es lässt sich heute nicht nachprüfen, ob Antonie Nopitsch den Hinweis auf die schon während des Ersten Weltkriegs initiierten Müttererholungen auf dem Land durch Agnes v. Reden, der Vorsitzenden der DEF-Ortsgruppe Lüneburg, in der Festschrift des DEF zum 30-jährigen Bestehen von 1929 kannte, „von denen viel Segen ausgegangen ist und auch Nachahmung in anderen Verbänden gefunden“ habe.
Mit viel Einsatz und großer Umsicht gelang es Antonie Nopitsch, ihre Arbeit durch die Zeit des Dritten Reiches zu bringen. Dabei ging sie ihren Weg mutig, doch nicht provokant, sondern behutsam, freundlich und dennoch zielstrebig und beharrlich. Bei Kriegsende und in der Nachkriegszeit waren die Häuser auch Zufluchtsorte für Flüchtlinge und Vertriebene.
Für Antonie Nopitsch begann eine neue, sie herausfordernde, aber auch beglückende Zeit, als sie zur Mitinitiatorin und ab 1950 bis zu ihrer Pensionierung 1965 zur ersten Geschäftsführerin des Deutschen Müttergenesungswerkes wurde. Diese gemeinnützige Stiftung von Frauengruppen beider Kirchen, Arbeiterwohlfahrt, dem Roten Kreuz und dem Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband wurde wesentlich von der Sozialpolitikerin und damaligen Frau des Bundespräsidenten, Elly Heuss-Knapp, geschaffen und führte erstmals die verschiedenen Organisationen in einer Einrichtung zusammen. Die Geschäftsstelle war in Stein bei Nürnberg angesiedelt.
Es folgten viele Berufungen in Gremien und die ersten Kontakte in die USA und bald auch Reisen dorthin und zu den Vollversammlungen des ökumenischen Rates der Kirchen in verschiedene Länder. Aus diesen Begegnungen erwuchs ihr dann auch die Einsicht, dass es dringlich war, sich politisch zu engagieren und im öffentlichen Raum Stellung zu beziehen. Auch setzte sie sich nun vermehrt für die politische Schulung der Frauen ein und trat vermehrt mit Vorträgen über die Situation der Frau in der Gesellschaft auf Kongressen und bei Tagungen auf.
Von 1948 bis 1961 war Antonie Nopitsch als Vertreterin der Frauenarbeit in der EKD Synode. Hier warb sie 1950 in einem Vortrag eindrücklich für die Anerkennung und Wertschätzung der Arbeit von Frauen in der Kirche. Sie führte aus: „Die Frau kann nur dann wirklich arbeiten, wenn sie eine Verantwortung hat und wenn man ihr etwas zutraut. … Es ist eine Tragik, daß eine ganze Menge begabtester und tüchtigster und auch christlicher Frauen nicht in der Kirche mitarbeiten, und zwar einfach deswegen nicht, weil es ihnen so schwergemacht wird.“ Schließlich forderte sie die Synodalen auf: „Geben Sie uns mehr Raum, geben Sie uns mehr Verantwortung. Wir bitten nicht um Recht, wirklich nicht, sondern darum, daß wir einen Dienst, zu dem wir uns berufen fühlen, ausführen dürfen.“ Ähnliche Gedanken hatte knapp ein halbes Jahrhundert zuvor die Bundesvorsitzende des DEF bereits formuliert. Antonie Nopitsch wird die Publikationen gekannt haben, aber sie unterließ es, auf diesen Tatbestand hinzuweisen, wahrscheinlich weil sie nicht provozieren, sondern in der Angelegenheit endlich vorankommen wollte. Sie wusste, dass ihre Stimme Gewicht hatte.
In ihren Lebenserinnerungen 'Der Garten auf dem Dach' hat sie über ihre Arbeit und ihre Erfahrungen in Kirche und Gesellschaft berichtet. Deutlich wird dort auch die enge Zusammenarbeit mit Liselotte Nold (1912-1978). Über sie im nächsten Beitrag mehr.
Halgard Kuhn
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