Corona zum 3. Advent
Tannengrün und Weihnachtsschmuck. Einige unserer Sitten und Gebräuche zur Weihnachtszeit haben keinen christlichen, sondern einen heidnischen Ursprung. So auch der Brauch Tannenzweige in der Wohnung aufzustellen.
Zur Wintersonnenwende holten schon unsere germanischen Vorfahren Zweige immergrüner Bäume in die Stuben, die Wintermaien, als Zeichen der Hoffnung und des wiederkehrenden Lebens. Auch unsere Barbara Zweige, die wir am 4. Dezember, dem Barbara Tag, geschnitten haben, und die am 24. Dezember blühen sollen, gehören dazu.
Im Mittelalter wurden am 24. Dezember, dem Adam und Eva Tag, Paradiesspiele in der Kirche aufgeführt. Mir fiel das Lied ein, „Lobt Gott ihr Christen alle gleich…, und da die 6. Strophe; „heut schleußt er wieder auf die Tür zum schönen Paradeis; der Cherub steht nicht mehr dafür, Gott sei Lob, Ehr und Preis.“ Zu diesem Paradies-Spiel gehörte ein immergrüner Tannen- oder Fichtenbaum, geschmückt mit verlockend roten Äpfeln. Und schon sind wir bei unseren roten Weihnachtsbaumkugeln, die eine Erinnerung an die roten Äpfel darstellen.
Dieser Baum in der Kirche wanderte dann zur Reformationszeit in die Stuben der protestantischen Pfarrer und dann auch in die Wohnstuben der Gläubigen. Es gibt Bilder vom geschmückten Baum bei Familie Luther. In katholischen Gegenden wurde der Christbaum als „Lutherbaum“ und „protestantisches Zeugs“ verspottet. Dort wurde die Krippe aufgestellt. So langsam wanderte der Brauch des geschmückten Weihnachts- oder Christbaums in die katholischen Gebiete und um 1880 hielt der Baum dann zum Beispiel auch Einzug in die Spessartdörfer. Und heute gibt es sogar eine Bayerische Christbaumkönigin, die selbst in einer Christbaumplantage aufgewachsen ist und eine Lanze für den regionalen Christbaum, der Nordmanntanne oder der Blautanne brechen will.
Geschmückt wurden die Bäume mit Äpfeln, Nüssen und Datteln. Später auch mit Keksen, Spekulatius vor allem. Am 6. Januar, wenn die Weihnachtszeit vorbei war, durften die Kinder die Leckereien vom Baum naschen. In den katholischen Familien blieb und bleibt der Baum heute teilweise noch bis zum 2. Februar, Maria Lichtmeß, stehen. Erst damit endet die Weihnachtszeit.
Und wie schmücken Sie Ihren Baum? Jede Familie hat ihre eigene Tradition. Spätestens am 4. Advent werden die Kisten und Kästen mit dem Weihnachtsschmuck vom Dachboden oder aus dem Keller, der Truhe geholt.
Erbstücke von den Großeltern und Eltern. Selbstgebasteltes von den Kindern oder Enkeln. Holzschmuck aus dem Erzgebirge. Weihnachtskugeln aus böhmischem Glas, mit einem Goldplättchen aus der Goldschlägerstadt Schwabach. Wer sich Anregungen holen möchte, kann zu Käthe Wohlfahrt nach Rothenburg oder nach Nürnberg fahren, da ist das Weihnachtsdorf das ganze Jahr geöffnet.
Lametta, wie in meiner Kindheit, ist heute nicht mehr angesagt, aber Engelshaar und Schleifen oder Spielzeug sind auch an modernen Bäumen zu finden. Schokolade für die Kinder und das leckere Würstchen für den Hund? Auch die Haustiere feiern mit.
Manche designen ihren Baum jedes Jahr neu nach den allerneuesten Trends, andere lieben die althergebrachten Dinge. Rot, Gold, Silbern oder Violett sind die beliebtesten Farben für den Baumschmuck. Und dann müssen die Kerzen natürlich dazu passen. Echte Kerzen oder doch lieber elektrische Beleuchtung. Die Wachskerzen machen eine anheimelnde Atmosphäre, aber sie sind gefährlich und deswegen werden sie wenig angezündet. In unseren geheizten Zimmern sind die Bäume schnell ausgetrocknet und leicht entflammbar. Die elektrischen Kerzen können stundenlang auch ohne Beobachtung brennen - bei kleinen Kindern und Haustieren die sicherere Variante.
Oder haben Sie gar keinen Baum? Die Kinder sind aus dem Haus, die Wohnung ist kleiner, und da passt ein Baum nicht mehr. Trotzdem kann die Wohnung weihnachtlich mit Zweigen und Kerzen geschmückt sein, und vielleicht gibt es sogar ein paar rote Kugeln oder rote Zieräpfel.
Aber wir schmücken nicht nur unsere Wohnungen und Gärten, sondern auch die Städte putzen sich heraus für die dunkle Zeit. In den Fußgängerzonen und auf den großen Plätzen stehen Tannen mit (elektrischen) Kerzen geschmückt, die Lichterwochen in Essen waren zu meiner Kindheit bundesweit bekannt, und so bemüht sich jede Stadt, Lichterglanz zu verbreiten und die Dunkelheit zu vertreiben.
Und selbst wenn Sie in dieser Zeit in asiatische Länder reisen, werden Sie weihnachtlich geschmückte Einkaufspassagen und Hotellobbys finden, obwohl diese Länder keine christliche Tradition haben, sondern dem Buddhismus anhängen. Einerseits machen sie das sicher für die Touristen, die das angeblich in den Hotels erwarten, andererseits gefällt ihnen dieser Schmuck, den sie auch ihrem Geschmack angepasst haben und sie nutzen die Feiertage als Familienfest und treffen Freunde. Essen und Trinken und die Geselligkeit spielen an diesen Tagen auch in Asien eine wichtige Rolle.
Und wie wird es bei uns in diesem Jahr sein? Weihnachten als Familienfest? Glücklich, die Familien, die an einem Ort wohnen und zusammen feiern können. Aber es gibt immer mehr Familien, die weit verstreut leben, in ganz Europa und Amerika, Asien. Hier helfen die digitalen Formate wie Skype, Zoom oder wie sie alle heißen. Gottesdienste vor Ort mit vorheriger Anmeldung feiern oder doch lieber den Fernsehgottesdienst ansehen? Weihnachten wird sich in diesem Jahr anders anfühlen. Und wenn wir an die „Heilige Familie“ denken, wie sie bei Lukas beschrieben wird, so waren sie allein in der Fremde. Maria hat das erste Kind in einem Stall, ohne die Hilfe von Mutter oder Schwester, zur Welt gebracht. Ihre Familie war in Nazareth, Gesellschaft nur von Ochs und Esel, und dann kamen noch die Hirten mit einigen Schafen, die den unwirtlichen Stall vielleicht etwas wärmten. Auch nicht die Idylle, die wir uns unter dem Christbaum erträumen.
Und doch strahlt etwas aus von dieser Geschichte. Bricht mit einem Lichtstrahl in unsere Zeit, hilft uns unsere Traurigkeit ein Stück zur Seite zu schieben, uns an dem zu freuen, was möglich ist. Der „Staden Zeit“ wirklich Raum geben. Vielleicht gelingt es uns immer mal wieder.
Ich wünsche Ihnen, dass Sie negativ getestet bleiben. Sollte der Test doch positiv sein, dann wünsche ich eine gute Behandlung und erträgliche Quarantäne und baldige Genesung.
Ihre
Inge Gehlert
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