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Büchertipps im Mai von Marianne Jauernig-Revier

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In diesem Monat stellt uns Marianne Jauernig-Revier folgende Bücher vor: Paul Maar: Wie alles kam - Roman meiner Kindheit. Viele von uns kennen „Sams“, eine der erfolgreichsten Kinder­buchfiguren der letzten Jahr­zehnte...

Sowie einen Roman von Iris Wolff: Die Unschärfe der Welt. Dieser Roman läßt Familienmit­glieder aus vier Generationen lebendig werden. Erzählt wird von einer jungen Pfarrersfamilie im Banat, der ehemals von Deutschen besiedelten Region in Rumänien.

Paul Maar: Wie alles kam
Roman meiner Kindheit

Viele von uns kennen „Sams“, eine der erfolgreichsten Kinder­buchfiguren der letzten Jahr­zehnte. Wir haben die „Sams-Bücher“ um Herrn Taschenbier unseren Kindern und Enkeln vorgelesen und sie gefielen auch aller Welt so gut, dass man sie in mehr als 30 Sprachen übersetzte.

Nun ist Sams-Erfinder Paul Maar über achtzig Jahre alt und lässt uns mit seiner Biografie an seiner Kinder- und Jugendzeit teilhaben. Es ist ein bewegtes Leben, von dem er erzählt. Schon früh hat er seine Mutter verloren und als die verheerenden Bombenangriffe seine Heimatstadt immer stärker zerstören, entschei­det sich seine Stiefmutter, die ihn wie ein Sohn liebt, ihn und auch ihre Schwiegermutter zu ihren Eltern aufs Land mitzunehmen. In dem Dorf geht er zur Schule, er findet Freunde und kann seine Abenteuer­lust ausleben. Zudem erlebt Paul Maar, wie es sich mit zwei Omas in einem Haushalt lebt! Es sind unbeschwerte Jahre in diesem Dorf, die geprägt sind von der Liebe der Stiefmutter und der Großeltern zu dem zarten, jedoch aufgeweckten Jungen.

Nach Kriegsende kommt sein Vater schwer gezeich­net aus der Gefangenschaft. Er möchte seine Familie zurück in die Stadt nehmen und auch sein Maler­geschäft will er wieder auf die Beine stellen. Dafür wünscht er sich einen kräftigen, zupackenden Sohn. Doch der phantasiebegabte Junge steckt seinen Kopf lieber in Bücher und so erlebt er seinen Vater zuneh­mend als feindseligen und aggressiven Mann. Die beiden finden nicht zueinander, doch Halt findet Paul bei seiner Mitschülerin Nele, die aus einer Künstler­familie stammt und später seine Frau werden wird. Dort wird er angenommen, dort bekommt er die Im­pulse, die ihm den Weg in sein späteres Leben ebnen.

Jahrzehnte später bekommt Paul Maar einen Feldpost­brief seines Vaters in die Hände, der ihn erschüttert. Darin lernt er einen anderen Vater kennen, einer der sich liebevoll um seine Familie, vor allem aber um den Sohn sorgt. Damit endet das Buch und wir stellen fest, wie Krieg, Gefangenschaft und auch ent­täuschte Erwartungen Menschen verändern können.

Dieses Buch ist sowohl ein Zeitzeugnis einer Kriegs­kindheit und Nachkriegsjugend, als auch ein wunder­bares Stück Literatur, das Erinnerungen wachruft.

S. Fischer-Verlag - ISBN 978-3-103970388 – 22 €

Iris Wolff: Die Unschärfe der Welt

Diesmal stelle ich Ihnen einen Roman vor, der Familienmit­glieder aus vier Generationen lebendig werden lässt. Erzählt wird von einer jungen Pfarrersfamilie im Banat, der ehemals von Deutschen besiedelten Region in Rumänien. Die Autorin kennt dieses Gebiet gut, denn dort lebte sie bis zu ihrem achten Lebensjahr, ehe ihre Familie 1985 in die Bundesrepublik ausreiste.

Im Mittelpunkt des Romans steht Samuel, der Anfang der 1970er Jahre dort auf dem kleinen Pfarrhof zur Welt kommt. Seine Eltern waren erst vor kurzem in den Ort gezogen und sie werden der ruhende Pol der Gemeinde. Doch die Idylle trügt, denn ein rumäni­scher Nachbar bespitzelt sie und so erfährt die Ge­heimpolizei von den ostdeutschen Studenten, die bei der Pfarrersfamilie ihre Semesterferien verbrachten. Mit Oz, der schon früh seine Mutter verlor, lebt Samuel eine verlässliche Freundschaft, und da ist noch Stana, das slowakisch sprechende Mädchen aus dem Dorf – auch mit ihr verbindet ihn eine Kinder­freundschaft, die bis ins Erwachsenalter trägt.

Im Jahr 1989 ändert sich die Welt, da die Spaltung in Ost- und Westeuropa überwunden werden kann. Samuel und sein Freund Oz nutzen die Gelegenheit und durch eine spektakuläre Flucht erreichen sie den Westen. Samuel findet sich schnell zurecht, denn Deutsch ist seine Muttersprache und durch seine ruhige Art gewinnt er schnell die Sympathie der Men­schen. Jedoch die vertrauten und geliebten Personen, die er in Rumänien zurückließ, ziehen ihn wieder heim zu den Eltern und seinen Freunden.

In vielen Geschichten erzählt uns dieser Roman von unterschiedlichen Menschen und Bindungen und eröffnet somit ein ganzes Kaleidoskop dieser Lebens­welt. Er erzählt von einer Zeitspanne europäischer Geschichte, die Lebensläufe prägte und Träume platzen oder wahr werden ließ.

Mit anschaulich geschilderten Charakteren und Le­benssituationen gelingt der Autorin ein schönes Bei­spiel, wie Vieles erst mit etwas Abstand deutlich wird, wie aus Unschärfe Schärfe wird. Das interessante und in einer schönen Erzählsprache geschriebene Buch wird lange nachwirken. So stellt sich die wichtige Frage: Was wir bereit sind zu tun oder aufzugeben für das Glück eines anderen?

Klett-Cotta Verlag - ISBN 978-3-608-98326-5 – 20 €

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© Buchtitel, Klett-Verlag, S. Fischer Verlag

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