Aus der Praxis: Aschaffenburg: Was bedeutet Gendermedizin? Sind Frauen anders krank?
Im Mai lud der Deutsche Evangelische Frauenbund - Ortsverband Aschaffenburg zu einer Veranstaltung über „Was bedeutet Gendermedizin? Sind Frauen anders krank?“ ein und zahlreiche Mitglieder und Gäste kamen. Als Referentin erklärte Dr. med. Ursula Seitz in ihrem fachkundigen Vortrag - unterstützt durch eine Präsentation - das aktuelle Thema.
Sie begann mit einem Zitat von Simone de Beauvoir (1908 – 1986): „Die Vorstellung der Welt ist wie die Welt selbst, das Produkt der Männer. Sie schreiben von ihrem Standpunkt aus, den sie mit der absoluten Wahrheit gleichsetzten.“
Dieser Grundsatz galt lange Zeit auch in der Medizin. Der Mann galt als Prototyp und Frauen wurden wie Männer behandelt. Außerdem wurde lange Zeit Medizin von Männern und für Männer gemacht. Aber langsam werde die Notwendigkeit einer geschlechtergerechten Medizin anerkannt, so die Referentin.
Was bedeutet „Gendermedizin“?
Die Geschlechtersensible Medizin berücksichtigt neben dem biologischen Geschlecht (SEX) auch das psychosoziale Geschlecht (GENDER).
- Sie dient der Erforschung geschlechtsspezifischer Ursachen und Symptome von Erkrankungen und ermöglicht individuellere Behandlungsmöglichkeiten.
- Sie sollte in der Forschung, Klinik und Aus- und Weiterbildung integriert und vermittelt werden. Denn Frauen und Männer erkranken unterschiedlich! Sie zeigen unterschiedliche Krankheitssymptome, Krankheitsverläufe und Häufigkeiten bei bestimmten Erkrankungen
In den 1980er Jahren waren die Anfänge der Gendermedizin. Es wurde z.B. festgestellt, dass Herzerkrankungen bei Frauen und Männern sich unterschiedlich auswirkten. Frauen und Männer unterscheiden sich u.a. auch in ihrer Immunantwort (Reaktion des Immunsystems). So zeigen Frauen eine bessere Immunantwort nach Infektionen oder Impfungen. Sie leiden aber häufiger an chronischen Entzündungen und Autoimmunerkrankungen. Die Referentin wies in diesem Zusammenhang aber darauf hin, dass sich Frauen und Männer auch in Körpergröße, Geschlechtsteile, Gewicht Fettgewebe/Muskelmasse, Größe der Organe, Stoffwechsel (Leber, Niere), Geschlechtshormone und Immunsystem unterscheiden - und dies werde bei der geschlechtersensiblen Medizin berücksichtigt.
Wie geht es nun weiter?
Der Austausch zu diesem Thema, aber auch die Zusammenarbeit und Beteiligung vieler wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Gruppen hat in den letzten Jahren in Deutschland stark zugenommen. So fördert der Staat seit 2021 Modellprojekte zur Erforschung von Geschlechteraspekten in der Medizin. Und ganz aktuell (am 04. Mai 2024) wurde in Nordrhein-Westfalen ein Netzwerk für geschlechtersensible Medizin gegründet.
Ein Meilenstein wird die ab 2025 geplante Integration der geschlechtssensiblen Medizin in Forschung und Lehre sein.
Am Ende der Veranstaltung dankte die Ortsverbandsvorsitzende Inge Gehlert der Referentin für ihren fundierten Vortrag, aber auch den zahlreichen Teilnehmerinnen für deren rege Diskussion und Interesse am Thema.
Karin Klein
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